Inken Fischer absolvierte von September bis November 2022 ein Praktikum im Abgeordnetenbüro von Dr. Kirsten Kappert-Gonther. Im Anschluss hat sie einen Bericht über ihre Erfahrungen verfasst, der anderen Praktikumsinteressierten zur Einordnung dienen soll.
Warum wollte ich ein Praktikum im Bundestag machen?
Gesundheitspolitik interessiert mich schon sehr lange. Ich studiere seit 2018 Sozialwissenschaften. Zusätzlich arbeite ich seit Februar 2020 als studentische Hilfskraft im Institut für Medizinische Soziologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Die Forschungsgebiete sind dort Sozialepidemiologie, gesundheitliche Chancen(un)gleichheit sowie Prävention und Gesundheitsförderung. Mein Studienstandort Düsseldorf hat zu weiteren Berührungspunkten mit der Landes- und Kommunalpolitik beigetragen. Viele meiner Kommiliton*innen begannen für Parteien und Fraktionen zu arbeiten.
Auch ich habe mich häufiger gefragt, wie sich der politische Alltag konkret gestaltet. Wie werden bei einer Vielzahl an Interessen und Faktoren, die in einem Gesetzgebungsprozess eine Rolle spielen, die besten politischen Entscheidungen und Kompromisse gefunden?
Wie verlief die Bewerbung?
Zunächst habe ich mir gut überlegt, welche Themen mich im Rahmen eines Praktikums interessieren würden. Und weil ich mich schon lange für Gesundheitsthemen interessiere und mich damit auch in meinem Job auseinandersetze, wollte ich die Gesundheitspolitik näher kennenlernen.
Daraufhin recherchierte ich, wie sich Fraktionen und Abgeordnete zu gesundheitspolitischen Themen positionieren. Die Arbeit von Kirsten Kappert-Gonther stach mir ins Auge mit ihrem gesundheitspolitischen Schwerpunkt in der Prävention, der seelischen Gesundheit und Präventionsförderung. In einem Telefonat mit dem Abgeordnetenbüro im November 2021 informierte ich mich über die Praktikumsoptionen und schickte daraufhin meine Bewerbung ab. Nach einem Bewerbungsgespräch mit Kirsten Kappert-Gonther erhielt ich im Februar 2022 erfreulicherweise eine Zusage für die zwei Monate nach der Sommerpause 2022.
Der erste Eindruck vom Bundestag
Eigentlich wohne ich in Köln, daher waren gerade die ersten Tage in einer neuen Stadt – und dann auch noch in Berlin – sehr aufregend für mich. Am ersten Tag wurde ich von Kirstens Mitarbeiterinnen herzlich willkommen geheißen. Im Büro besteht viel Erfahrung mit Praktikant*innen und das merkte man auch. Von Beginn an wurde sich viel Mühe gegeben mir den komplexen Bundestagsalltag verständlich zu machen. Ich erhielt auch einen eigenen Arbeitsplatz im Büro und wurde durch die vielen Gebäude geführt. Nichtsdestotrotz prasselten viele Eindrücke zu Beginn auf mich ein. Glücklicherweise durfte ich die ersten beiden Wochen aber erstmal dazu nutzen, um alles kennenzulernen, überallhin mitzugehen und zu beobachten. Die besprochenen Themen waren sehr komplex, gerade am Anfang habe ich viel Zeit gebraucht, um mich in Themen wie die Cannabislegalisierung und die Finanzierung der Krankenkassen einzuarbeiten. Die Zeit zwischen Terminen nutzte ich daher, um mich genauer in wichtige besprochene Themen einzulesen.
Wie wurde ich in die Arbeit eingebunden?
Nach zwei Wochen setzten sich die Büroleiterin Karolina Ziehm und die wissenschaftliche Mitarbeiterin Veronika Knebusch für seelische Gesundheit, mit mir zusammen, um eine geeignete Rolle für mich zu finden. Aus meiner Sicht war das sehr freundlich, da ich auch meine Vorstellungen und Erwartungen einbringen durfte. Wir einigten uns auf ein Langzeitprojekt, dass ich in ruhigeren Wochen bearbeiten konnte. Daneben wurde ich nach meinem Eindruck in die täglichen Aufgaben eines Abgeordnetenbüros eingebunden, indem ich Briefings vorbereitete, Bürgerpost beantwortete, die Websitepflege unterstützte und an Fachveranstaltungen und parlamentarischen Sitzungen teilnahm.
Was hat mir gut gefallen?
Ich hatte das Gefühl für die begrenzte Zeit sehr gut in die Arbeit und in das Team integriert worden zu sein. Die Atmosphäre im Büro war sehr freundlich und zugewandt. Mittags wird üblicherweise gemeinsam in der Mensa gegessen. Die Hierarchien sind flach und auch meine Eindrücke willkommen. Ich durfte außerdem an allen relevanten Besprechungen teilnehmen.
Auch die Arbeitsweise hat mir gut gefallen. Mir wurden häufig mehrtägige Aufgaben zur Bearbeitung gegeben, die ich selbstständig bearbeiten konnte. Auf Fragen wurde immer sehr hilfsbereit eingegangen. Somit konnte ich mich mit verschiedenen Themenbereichen auseinandersetzen und sie näher kennenlernen. Weiterhin hat mir die Feedbackkultur im Büro sehr weitergeholfen. Die regelmäßigen Rückmeldungen zu kleineren Aufgaben, konnte ich schon innerhalb des Praktikums anwenden.
Highlights
Besonders schön war, dass auch mir als Praktikantin ganz viele Möglichkeiten eingeräumt wurden, neben dem Büroalltag auch an anderen Veranstaltungen im Bundestag teilzunehmen, beispielsweise einer Diskussionsrunde zur Cannabislegalisierung sowie ein fraktionsübergreifendes Fachgespräch zum Thema Endometriose. Auch zu außerparlamentarischen Veranstaltungen durfte ich mitgehen. Diese eröffnen in meinen Augen noch eine weitere Dimension politischer Arbeit, bei denen Vertreter*innen aus Politik, Gesellschaft und Verbänden wegen einem Thema zusammenfinden. Beispielsweise durfte ich Kirsten bei einer Veranstaltung zur Förderung von Frauen in der Gesundheit und dem 50-jährigen Jubiläum mit der anschließenden Fachtagung der Aktion Psychisch Kranke (APK) begleiten. Obwohl Kirsten überall sehr eingebunden war, hat sie sich immer viel Zeit genommen, mir die Aufgaben als Abgeordnete zu erklären.
Was habe ich gelernt?
Da würde ich gerne einige Aspekte besonders hervorheben.
1. Bundestagsarbeit erfordert Arbeitsteilung und Zusammenarbeit. Jedes Büro arbeitet zu eigenen Kernthemen, auf die sich besonders konzentriert wird. Die gleichen Themen, die tagesaktuell oder in den Plenardebatten heiß diskutiert werden, spielen daher im Büro nicht immer die gleiche Rolle.
2. Die eigenen Themen können plötzlich auch ganz groß werden.
Insbesondere bei der Cannabislegalisierung war das für mich sehr sichtbar. Kirsten engagiert sich seit mehreren Jahren bereits im Rahmen des Gesundheitsschutzes für die Cannabislegalisierung. Gerade während der Oppositionszeit der Grünen bestand dazu keine große medial sichtbare Debatte innerhalb der Bundesregierung. Mit dem Regierungswechsel 2021 wurde jedoch eine kontrollierte Cannabisfreigabe zum Freizeitgebrauch im Koalitionsvertrag verankert. Dazu veröffentlichte das Gesundheitsministerium während meiner Praktikumszeit ein Eckpunktepapier zur geplanten Cannabislegalisierung und plötzlich war dieses frühere Oppositionsthema mitten auf der medialen Agenda.
3. Kirstens Ansatz „Health in all policies“ – mehr als genügend Therapieplätze
Das bedeutet, dass Gesundheitsförderung in allen Lebenswelten und Bereichen mitgedacht und gefördert werden muss. Natürlich gehört dazu auch ein ausreichendes Angebot an psychotherapeutischer Unterstützung wichtig, allerdings sollte davor auch gefördert werden, dass Menschen gar nicht erst krank werden. Dass Kirsten auch an der Stelle eine politische Verantwortung und Handlungsspielraum sieht, ist ein neuer Denkanstoß für mich gewesen.
Kann ich das Praktikum empfehlen?
In jedem Fall! Ich gehe mit so vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen aus dem Praktikum, die mir in Zukunft sehr weiterhelfen werden.
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