Kinder und Jugendliche sind von der Corona-Pandemie und den Infektionsschutzmaßnahmen besonders betroffen. Seit Monaten sehen sie sich mit einer Ausnahme- und Krisensituation konfrontiert. Sie verzichten auf prägende Erfahrungen des kindgerechten Aufwachsens und nehmen zugleich die Pandemie oftmals als eine schwer fassbare und abstrakte Bedrohung wahr.
Das geht nicht spurlos an ihnen vorbei. Ein Jahr nach Beginn der Pandemie zeigt fast jedes dritte Kind im Alter zwischen 7 und 17 Jahren psychische Auffälligkeiten. Entsprechend hoch ist der Bedarf an psychotherapeutischer Beratung und Behandlung. Die Anzahl von Akutbehandlungen und Anträgen für den Beginn oder die Verlängerung einer ambulanten Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen ist bereits im Jahr 2020 um 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Da sich seelische Not häufig erst dann zeigt, wenn eine Krise abklingt, ist mit einem steigenden Bedarf an psychotherapeutischer Beratung und Behandlung zu rechnen.
Diese Erkenntnisse rufen zu dringendem Handeln auf. In einem 5 Punkte-Plan fordern meine Kollegin Maria Klein-Schmeink und ich die Bundesregierung auf, eine Corona-Soforthilfe für psychisch kranke Kinder und Jugendliche einzurichten. Es braucht eine gezielte Prävention von seelischen Krisensituationen in den Alltagswelten von Kindern und Jugendlichen. Zusätzlich sollte es schnelle Sonderzulassungen für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen aus, insbesondere in ländlichen und einkommensschwachen Regionen, wo es nach wie deutlich zu wenig psychotherapeutische Hilfsangebote gibt.
Unser Autorinnenpapier kann hier heruntergeladen werden:
Verwandte Artikel
Das lange Warten auf mehr Therapieplätze
Wer Hilfe in einer psychischen Krise braucht, muss sie auch bekommen. Schon aktuell reicht das Angebot nicht um den Bedarf zu decken. Zudem müssen wir davon ausgehen, dass der Bedarf…
Weiterlesen »
Globale Krisen stellen uns vor große Herausforderungen im Gesundheitswesen
Mit dem Verband der Ersatzkassen habe ich über Strategien zur Bewältigung dieser globalen Krisen, die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie die Notwendigkeit von Strukturreformen im ambulant-stationären Bereich gesprochen Zum…
Weiterlesen »
Dringender Nachholbedarf bei der Suizidprävention
2020 nahmen sich 9.206 Menschen in Deutschland das Leben, 2019 wurden 9.041 Suizide registriert. Diese Zahl ist erschreckend hoch. Mit der taz habe ich über die Stärkung der Suizidprävention gesprochen….
Weiterlesen »