NS-„Euthanasie“-Morde und Zwangssterilisation. Nachgeschichte erforschen
Zwischen 1939 und 1945 wurden fast 300 000 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen ermordet, darunter viele Kinder und Jugendliche. Die Verbrechen fanden „halb geheim, doch inmitten der Gesellschaft“ statt, so der Historiker Götz Aly. Ärzt*innen sowie Angehörige des Pflegepersonals wurden zu Täter*innen, selektierten Patient*innen und entschieden über Leben und Tod. Den Weg ebnete das 1934 in Kraft getretene „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, das die rechtliche Grundlage für die Zwangssterilisierung von etwa 400 000 Menschen bildete. Erst 2007 wurde es vom Deutschen Bundestag geächtet, für nichtig erklärt wurde es aber bis heute nicht.
Ein Fehler, meinen Fachleute, denn dies ignoriere nicht nur die Praxis der Nachkriegszeit, Zwangssterilisationen als grundgesetzkonforme Maßnahmen zu betrachten, sondern auch die Wirkungsmächtigkeit der Unwerturteile nach 1949. Auch schließt das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) von 1956 die Opfer von „Euthanasie“ und Zwangssterilisation weiter aus. Die gegen sie gerichteten Verfolgungsmaßnahmen müssen als typisches NS-Unrecht anerkannt werden. Insgesamt sind viel zu wenige Einzelschicksale bekannt. Auch die Nachgeschichte und ihre weltanschaulichen, personellen und institutionellen Kontinuitäten sind längst nicht aufgearbeitet. Es ist ein generelles Kassationsverbot für alle relevanten Akten erforderlich, um sie für Forschung und Aufarbeitung zu erhalten.
Die Veranstaltung wird am 10.5.2021, ab 18 Uhr gestreamt. Per Beteiligungs-Tool können Sie sich mit Fragen und Kommentaren einbringen. Die Zugangsdaten erhalten Sie mit Ihrer Anmeldebestätigung. Kurz vor Beginn der Veranstaltung senden wir Ihnen eine Erinnerungs-Mail. Zur Anmeldung: https://www.gruene-bundestag.de/termine/online-anmeldungen/muster-anmeldung-22-4
18 Uhr Begrüßung und politische Einführung: Dr. Kirsten Kappert-Gonther MdB Obfrau im Ausschuss für Gesundheit Stellv. Mitglied im Kulturausschuss Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion Kurzinterview mit: Gerhard Schneider Krankenhausdirektor des Bezirksklinikums Mainkofen Diskussionsrunde mit: Prof. Thomas Beddies Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin Charité — Universitätsmedizin Berlin Ulrika Mientus Wissenschaftliche Mitarbeiterin Philipps-Universität Marburg PD Dr. Winfried Süß Leiter der Abteilung „Regime des Sozialen“ Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Dr. Sibylle von Tiedemann Koordinatorin der Gedenkinitiative für die „Euthanasie“-Opfer Moderation: Erhard Grundl MdB Sprecher für Kulturpolitik Obmann im Kulturausschuss Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion Dr. Kirsten Kappert-Gonther MdB Schlusswort: Erhard Grundl MdB | |
19.30 Uhr Ende der Veranstaltung |
Verwandte Artikel
Online-Veranstaltung „Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) im Bevölkerungsschutz“
Die seelische Gesundheit von Einsatzkräften im Bevölkerungsschutz ist ein zentraler Baustein für erfolgreiche Arbeit. Gut ein Jahrzehnt nach Einführung der Leitlinien und Qualitätsstandards zur PSNV durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz…
Weiterlesen »
Grüner Salon: Die gesunde Stadt
Wie kann Stadtentwicklung das körperliche und seelische Wohlbefinden fördern? Wir Grüne wollen Gesundheitsförderung ins Zentrum politischer Entscheidungen rücken. Dafür müssen gesundheitliche Aspekte auf allen Ebenen von Politik und Gesellschaft berücksichtigt…
Weiterlesen »
Grüner Salon: Generation Corona – Wie geht es unseren Kindern?!
Die Folgen der Corona-Pandemie für Kinder und Jugendliche und was sie jetzt brauchen Kinder und Jugendliche sind von der Corona-Pandemie besonders betroffen. Seit über zwei Jahren sehen sie sich mit…
Weiterlesen »