Zum jetzt vorgelegten Evaluationsbericht zum Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetz erklärt Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Drogenpolitik:
Die Evaluation des Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetzes von 2016 fällt verheerend aus. Es zeigt deutlich: Die Prohibition schadet. Die Prohibition hat zu keinen nennenswerten Änderungen des Konsums geführt, gleichzeitig hat sich die Qualität der Stoffe nach Aussage der Konsumierenden verschlechtert. Alle im Gesetzgebungsverfahren von grüner Seite geäußerter Bedenken haben sich bestätigt. Die Prohibition hat nur einen Schwarzmarkt mit den bekannten Begleitproblemen geschaffen. Auf dem Schwarzmarkt gibt es weder Jugend- noch Gesundheitsschutz. Die Bezugswege haben sich auf den illegalen Handel im Internet verlagert, ohne dass eine Reduzierung des Konsums und der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken erreicht werden konnte. Es werden weiter neue psychoaktive Stoffe entwickelt und verkauft. Das Hase-und-Igel-Spiel konnte nicht abgewendet werden.
Die Entkriminalisierung der Konsumierenden greift nur unzureichend. Fachleute aus der Suchthilfe monieren, dass in der Regel trotzdem Verfahren eingeleitet und Konsumierende aktenkundig werden. Sie empfehlen eine Harmonisierung der Entkriminalisierung mit anderen Substanzen, die dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen.
Unterm Strich hat das Gesetz zwar viele neue Regelungen und fragwürdige Verordnungsermächtigungen für das Gesundheitsministerium gebracht, doch keines der ausgegebenen Ziele konnte erreicht werden. Statt einen Mantel des Schweigens über den entlarvenden Bericht zu decken, sollte die Koalition ihn zum Anlass nehmen, endlich an ernsthaften Strategien für wirksamen Jugend- und Gesundheitsschutz arbeiten. Der Ausweichkonsum psychoaktiver Stoffe könnte eingedämmt werden, wenn eine kontrollierte Abgabe von Cannabis umgesetzt würde. Das grüne Cannabis-Kontrollgesetz steht voraussichtlich Ende Oktober zur Abstimmung im Bundestag.
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