Das Urteil erschüttert mich. Es ist ein Dammbruch. Das Gesetz von 2015 war eine Reaktion auf die zunehmende Tätigkeit von sogenannten Sterbehilfevereinen. Dahinter stand die Sorge, dass Sterbehilfe als normalisierte Option neben einer dem Menschen zugewandten palliativen Versorgung steht.
Ein geschäftsmäßiges Angebot zur Suizidhilfe beeinflusst die Nachfrage. Geschäftsmäßige Angebote der Suizidhilfe suggerieren alten, pflegebedürftigen und kranken Menschen, dass der Suizid die vorzuziehende Option im Vergleich dazu ist, gepflegt und medizinisch versorgt zu werden. In Ländern, wo solche Angebote zugelassen sind, werden die Kriterien erweitert, die als Rechtfertigung angeführt werden. Menschen sollen sich nicht wegen der Sorge, anderen zur Last zu fallen, oder gar aus finanzieller Not zum Suizid gedrängt fühlen. Beides wird aber als Motiv genannt.
Wir dürfen nicht zulassen, dass der Erwartungsdruck gerade auf Menschen in vulnerablen Situationen steigt, diesen vermeintlichen „Ausweg“ zu nehmen. Es ist im Gegenteil unsere gesellschaftliche Verantwortung, dass alte, schwerkranke und pflegebedürftige Menschen unter allen Umständen die Hilfe, Fürsorge und Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Es muss eine breite Debatte darüber geführt werden, wie diese Fürsorge trotz des heutigen Urteils gewährleistet werden kann.
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