Straßenzug in der kubanischen Hauptstadt Havanna

Bericht von der Kuba-Reise des Kulturausschusses

Ganz Havanna war auf der Straße, Alte und Junge, bunt gemischt – freundlich feiernd. Wir sieben Abgeordnete des Deutschen Bundestags mitten drin. Anlässlich des 500. Jubiläums von Havanna und des 250. Geburtstags von Alexander von Humboldt sind wir mit einer Delegation des Ausschusses für Kultur und Medien nach Kuba gereist.

Ziel der Reise war, den kulturpolitischen Dialog zwischen Kuba und Deutschland zu fördern.

Fünf prall gefüllte Tage mit einer Vielzahl von Gesprächen mit offiziellen Vertreter*innen, wie der Vize-Außenministerin, mit dem Vorsitzenden des Kulturausschusses, aber auch mit kritischen Künstler*innen, Journalist*innen, Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft. Kuba ist ein sozialistischer Einparteienstaat. Uns war bewusst, dass unsere Reise – wie alle Reisen – nur einen Ausschnitt der Lebensrealität der Bevölkerung zeigen konnte.

Gleich nach unserer Ankunft ging es zu einem offiziellen Empfang durch Kubas Präsidenten Miguel Díaz-Canel. Bei jedem Gespräch kamen wir immer direkt – trotz aller politischen und kulturellen Unterschiede – auf drei große Themenbereiche.

  1. Kunst und Kultur als Basis eines Gemeinwesens, als Brücke zu anderen Ländern. Jedes Kind auf Kuba lernt staatlich organisiert und finanziert ein Instrument, hat Zugang zu Kunstunterricht und Theatergruppen.
  2. Die Sorge um die Klimakrise. Kuba ist als finanziell armer Inselstaat ganz besonders betroffen von den steigenden Meeresspiegeln und zunehmenden Extremwetterereignissen, insbesondere zerstörerischen Wirbelstürmen. Kuba ist dabei, konsequente Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen einzuleiten, zum Beispiel mit dem Ausbau regenerativer Energien – dafür braucht Kuba Unterstützung aus Deutschland. Die Verursacher der Klimakrise sind hingegen vor allem westliche Industrienationen. Im Umgang mit Ressourcen sind die Kubaner*innen zwangsläufig geübt darin, nichts zu verschwenden. Der Besuch einer genossenschaftlich geführten Finca, die ökologische Landwirtschaft betreibt und Obst und Gemüse anbaut, war ein Highlight. Ich esse ohnehin keine Tiere, aber die Schweine der Finca, die kreuz und quer durch die üppige Vegetation streunen, haben wenigstens ein Leben vor dem Tod.
  3. Das dritte große Thema war Feminismus. Im kubanischen Parlament sind 53% der Abgeordneten Frauen, deutlich mehr als bei uns. Allerdings tritt das Parlament nur zweimal pro Jahr zusammen und hat relativ wenig Einfluss. Der strukturelle Machismus ist nach wie vor sehr präsent.

Am Abend des ersten Tages durften wir die großen, bunten Feierlichkeiten miterleben. Eine riesige Bühnenshow auf den Treppen des Capitols, ein Feuerwerk, was es sonst nicht auf Kuba gibt und überall Menschen. Was es nicht gab, waren Verkaufsbuden, aber somit auch keinen Müll auf den Straßen. Trotz der Fülle war die Stimmung viel friedlicher als ich es von deutschen Großereignissen kenne. Übrigens gibt es auch keine Werbung auf Kuba.

Ich habe mich, bei aller Ambivalenz, verliebt in die Schönheit dieses besonderen Landes, in die Freundlichkeit der Menschen, in den Sound von Havanna mit Musik an allen Ecken und Enden.

Alle Kubaner*innen, die ich getroffen habe, betonten, dass es bei Kuba kein Schwarz und Weiß gibt, wie überall. Hinter der unmittelbar sichtbaren Schönheit liegen partielle Meinungs- und Presseunfreiheit und kontrollierte Wahlen. Es ist aber auch wichtig zu erkennen, was alles gelingt und dass wirtschaftliche Probleme ihre Ursache auch im Embargo finden.

Zum 500. Jubiläum haben viele Staaten Geschenke gemacht. Wir hatten eine Reihe von Bachkonzerten “im Gepäck”. Erst hatte ich – kritisch, was koloniale Implikationen betrifft – ein gewisses Unbehagen, Musik nach Kuba zu bringen.

Als ich aber die h-Moll-Messe, intoniert vom Collegium Vocale Leipzig und der Merseburger Hofmusik in der vollen Kirche, gemeinsam mit Kubaner*innen und Deutschen hörte, als dann der deutsche Chor durch einen kubanischen Chor beim “Dona nobis pacem” verstärkt wurde und alle vereint in der Schönheit der Musik waren, fand ich: Es war das genau richtige Geschenk.

Mir war vor der Reise nicht bewusst, wie vielfältig die Spuren sind, die Alexander von Humboldt auf Kuba hinterlassen hat. Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften und die Wissenschaftler*innen rund um das Humboldt-Haus in Havanna haben jahrelange Vorarbeiten geleistet und nun wurde bei einem Festakt ein gemeinsames Abkommen zur Digitalisierung des Nachlasses von Humboldt auf Kuba unterzeichnet.

Auf dem Deutsch-Kubanischen-Kulturabkommen liegen große Hoffnungen. Es ist ausverhandelt und jetzt hängt es noch an einem Punkt: Deutschland will ein Goethe-Institut eröffnen, Kuba will kein eigenständiges Goethe-Institut – bisher arbeitet es unter dem Dach der deutschen Botschaft. Dort macht es fantastische Arbeit und die Vize-Außenministerin lächelte, darauf angesprochen, und stellte eine kreative Lösung in Aussicht.

Die deutsche Botschafterin Heidrun Tempel bleibt ganz sicherlich am Ball. Unvergesslich wird mir der Botschaftsempfang bleiben, wo es ihr gelungen ist, eine enorm lebendige, interessante Mischung von Menschen im wunderschönen Botschaftsgarten zu versammeln.

Unvergessen bleibt sicherlich auch das Orgelkonzert an der mit Mitteln des Auswärtigen Amtes frisch restaurierten Merklin-Schütze Orgel. Besonders gerührt hat mich das anschließende Gespräch mit dem Schweizer Orgelbauer und seinem kubanischen Schüler, der davon träumt, die erste kubanische Orgel zu bauen.

Diese Reise gehört für mich zu den politisch relevantesten und persönlich bedeutsamsten.

Einen besonderen Platz in meiner Erinnerung  wird die Rückfahrt vom Botschaftsempfang einnehmen: gemeinsamer Gesang von Hannes Wader-Liedern mit meinen zauberhaften Kolleg*innen von CDU, SPD, FDP und LINKEN.

Barack Obama hat das Embargo gegen Kuba gelockert. Jetzt, wo Trump eine Rolle rückwärts macht, halte ich es für notwendig, dass Europa seine Verbindungen zu Kuba intensiviert. Kunst und Kultur können dafür eine Brücke sein.

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