Zur zehnten bundesweiten Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien vom 10. bis 16. Februar erklären Beate Walter-Rosenheimer, Sprecherin für Jugendpolitik, und Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung und Drogenpolitik:
Kinder aus Suchtfamilien haben keine Lobby. Sie sind auf die besondere Unterstützung von Politik und Zivilgesellschaft angewiesen. Eigentlich sollten Eltern auf ihre Kinder aufpassen. Bei Kindern aus Suchtfamilien ist es oft andersrum: Die Kinder tragen die Verantwortung und sie leiden im Verborgenen. Kinder psychisch kranker Eltern sind jedoch nicht nur selbst von einem höheren Risiko für psychische Erkrankungen betroffen, sondern sind gezwungen, auch innerhalb der Familie Aufgaben zu übernehmen, die sonst Erwachsenen obliegen.
Die Kinder haben zudem auch sehr stark unter der immer noch vorherrschenden Stigmatisierung psychischer Erkrankungen und deren Tabuisierung in der Gesellschaft zu leiden. Psychische und insbesondere Sucht-Erkrankungen werden häufig in der Familie gehalten und nach außen verheimlicht. Durch dieses „Schweigegebot“ haben die Kinder wenige Chancen auf Hilfe und Unterstützung.
Deshalb begrüßen wir diese Aktionswoche sehr, denn sie bricht das Schweigen und leistet einen wichtigen Beitrag zur Enttabuisierung psychischer Erkrankungen in der Gesellschaft. Aber es muss hier noch mehr passieren. Die Bundesregierung muss endlich den einstimmigen Bundestagsbeschluss vom Juni 2017 vollständig umsetzen: Hier fordern wir unter anderem eine Aufklärungskampagne, die sowohl Betroffene als auch die Gesamtbevölkerung über Beratungsangebote und Therapiemöglichkeiten informiert und der Stigmatisierung psychisch Erkrankter entgegengewirkt.
Darüber hinaus muss die interdisziplinär besetzte Arbeitsgruppe substanzielle Vorschläge erarbeiten, um die Situation der betroffenen Kinder und Jugendlichen nachhaltig, effektiv und passgenau zu verbessern. Die zuständigen Bundesministerien – das Familien-, das Arbeit- und Sozialministerium und das Gesundheitsministerium – sollten alles daran setzen, die Arbeitsgruppe zu unterstützen und Lösungen auf den Tisch zu legen, die die Situation dieser Kinder und ihrer Familien nachhaltig verbessern. Ein weiteres Verschleppen und Hände in den Schoß legen haben diese Kinder nicht verdient.
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