Die Aufarbeitung der deutschen Kolonialverbrechen ist überfällig. Wer die Vergangenheit verdrängt, trifft falsche Entscheidungen für Gegenwart und Zukunft. Die im Koalitionsvertrag angekündigten Bemühungen um die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte stecken noch in Kinderschuhen.
Aus den Antworten auf unsere kleine Anfrage wird deutlich, dass ein institutioneller kulturpolitischer Rahmen fehlt, der die vorhandenen Einzelprojekte, die die deutschen Kolonialverbrechen thematisieren, auf sinnvolle Weise verknüpft und ihnen somit mehr Wirkung zukommen ließe. Wichtige Impulse wie die Konzeption einer Gedenkstätte oder bildungspolitische Initiativen verschiebt die Bundesregierung auf Dritte. Damit wird sie dem eigens gesteckten Ziel der kritischen Aufarbeitung des Kolonialismus nicht gerecht. Zudem wird nun sichtbar, dass jahrelang versäumt wurde, die Provenienz von Kulturobjekten zu erforschen. Im Rahmen einer Bedarfsanalyse muss endlich der Bedarf an Personal und Kosten ermittelt werden, der für eine Erforschung der Herkunft notwendig ist. Die vier von der Bundesregierung neu geschaffenen Stellen im DZK können den großen Herausforderungen, auch im Hinblick auf die Digitalisierung der Bestände, kaum gerecht werden. Wenn der Bundesregierung tatsächlich an einer umfassenden Erforschung dieser Objekte und ihrer Herkunft gelegen ist, muss sie konzeptionell und finanziell deutlich nachliefern.
Fehlender Gestaltungswille zeigt sich zudem in der verpflichtenden Kennzeichnung von Beutekunst und einem verbindlichen Umgang mit Kulturgütern aus kolonialen Kontexten in deutschen Museen und Sammlungen. Dabei wäre es zeitgemäß, alle Besucher*innen von Museen über die Herkunft der Objekte aufzuklären und endlich Klarheit darüber zu schaffen, inwiefern Beutekunst restituiert werden muss. Wo Kulturobjekte einbehalten werden, sollte gewährleistet werden, dass Menschen aus den Herkunftsgesellschaften der Objekte auch einen Zugang zu ihrer eigenen Kultur haben. Die Bundesregierung sollte ein Interesse daran haben, Museen zu Orten des globalen Zusammentreffens der Kulturen werden zu lassen. Das wäre ein notwendiger Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Die Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage kann hier aufgerufen werden.
Kommentar verfassen
Verwandte Artikel
Praktikum im Büro von Kirsten Kappert- Gonther
Inken Fischer absolvierte von September bis November 2022 ein Praktikum im Abgeordnetenbüro von Dr. Kirsten Kappert-Gonther. Im Anschluss hat sie einen Bericht über ihre Erfahrungen verfasst, der anderen Praktikumsinteressierten zur…
Weiterlesen »
Rede im Bundestag zur Entkriminalisierung von Cannabis
Die Prohibition ist gescheitert. Es ist endlich Zeit für eine vernunftgeleitete Cannabispolitik. Es ist eine historische Chance, jetzt die kontrollierte Freigabe von Cannabis umzusetzen – das beendet jahrzehntelanges Unrecht und…
Weiterlesen »
Rede im Bundestag zum assistierten Suizid
Am 24. Juni haben wir im Bundestag über mögliche gesetzliche Regelungen zum assistierten Suizid debattiert. Viele Menschen haben im Laufe ihres Lebens Suizidgedanken, wichtig ist es dann Menschen zu haben,…
Weiterlesen »