Anlässlich der Übergabezeremonie von Gebeinen der Herero und Nama an eine namibische Delegation und der Mahnwache des bundesweiten NGO-Bündnisses „Völkermord verjährt nicht!“ am 29.08.2018 erklären Ottmar von Holtz, Obmann im Entwicklungsausschuss und selbst gebürtiger Namibier und Dr. Kirsten Kappert-Gonther, stv. Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien:
Dr. Kirsten Kappert-Gonther, stv. Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien:
„Die weitere Rückgabe von Schädeln und Gebeinen an Namibia und die Nachfahren der Opfer der deutschen Kolonialherrschaft ist ein überfälliger Schritt.
Dennoch bleibt der Skandal bestehen, dass immer noch nicht bekannt ist, wie viele sterbliche Überreste von Menschen aus der Zeit der Kolonialverbrechen sich überhaupt in deutschen Museen und wissenschaftlichen Einrichtungen befinden. Auch wird in deutschen Ausstellungen weiterhin Beutekunst gezeigt, ohne dass diese transparent in einen kritischen Kontext eingeordnet wird. Es braucht dringend mehr Mittel für Provenienzforschung, um Klarheit über die Herkunft der Objekte zu schaffen.
Die deutschen Kolonialverbrechen gehören zu den am meisten verdrängten Kapiteln der deutschen Geschichte. Bis heute gibt es keine zentrale Gedenkstätte, die an den Völkermord der Nama und Herero durch deutsche Kolonialtruppen erinnert. Dabei könnte eine Dokumentationsstätte zur deutschen Kolonialgeschichte das Thema Kolonialismus angemessen aufarbeiten und darstellen. Tradierte Vorstellungen von behaupteter Ungleichwertigkeit müssen durch gezielte Aufarbeitung – nicht zuletzt im Schulunterricht – überwunden werden. Wer seine Vergangenheit verdrängt, trifft falsche Entscheidungen für Gegenwart und Zukunft. Die Bundesregierung muss endlich eine zeitgemäße postkoloniale Erinnerungskultur auf Augenhöhe mit den Nachfahren der Kolonisierten entwickeln.“
Ottmar von Holtz, Obmann im Entwicklungsausschuss:
„Die Gespräche der Bundesregierung mit Namibia über die Aufarbeitung der deutschen Kolonialverbrechen gehen mittlerweile ins fünfte Jahr. Ein solcher Schwebezustand ohne Ergebnis würde auf Dauer nicht nur die Beziehungen zwischen Deutschland und Namibia belasten, sondern auch in Namibia zu innenpolitischen Spannungen führen. Ich appelliere daher eindringlich an alle Beteiligten sich aufeinander zuzubewegen, damit es endlich zu einer Lösung kommt. Deutschland sollte seinerseits zu seiner Verantwortung stehen, diese Verbrechen klar als Völkermord benennen und die Verbrechen aus der Kolonialzeit aufarbeiten. Es ist an der Zeit, dass sich die Bundesrepublik für den Genozid an den Herero und Nama entschuldigt.“
Dr. Kirsten Kappert-Gonther und Ottmar von Holtz werden sowohl an der Mahnwache des Bündnisses „Völkermord verjährt nicht“ teilnehmen als auch der Übergabezeremonie im Französischen Dom beiwohnen.
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