Sehr geehrte Frau Mortler,
ein Werbeverbot für Tabak ist überfällig. Bei allen Differenzen in der Drogen- und Suchtpolitik unserer Parteien, fanden wir Grünen es immer, genau wie Sie, notwendig ein Werbeverbot einzuführen.
Schon im ersten Entwurf des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD war die Perspektive für eine zeitgemäße Drogen- und Suchtpolitik mau, doch auf wenigstens einen sinnvollen Punkt konnten Sie sich einigen: „Wir werden das Tabakaußenwerbeverbot umsetzen.“ Wie bedauerlich, dass Sie sich nun doch dem Druck der Lobby gebeugt haben und diesen Satz sang- und klanglos gestrichen haben. Für die Suchtprävention bedeutet das vier Jahre Stillstand.
Werbung für Tabakprodukte im Kino und auf Plakaten, aber auch die kostenlose Abgabe von Tabakprodukten, verhindern eine wirksame Suchtprävention. Es ist nicht nachvollziehbar, warum staatliche Präventionskampagnen vom Tabakkonsum abraten, aber die Tabakindustrie ihre Produkte weiter bewerben darf. Präventionsmaßnahmen sind immer auch eine Frage der Glaubwürdigkeit.
Insbesondere auf Kinder und Jugendliche hat die Werbung einen starken Einfluss. Das Ziel der Tabakwerbung ist immer der gesteigerte Verkauf von Zigaretten und anderen Tabakprodukten. Es geht um den Gewinn von wenigen zu Lasten der Gesundheit von vielen.
Deutschland ist europäisches Schlusslicht in Sachen Tabakprävention. Deutschland ist das einzige Land in der Europäischen Union, in dem großflächige Außenwerbung auf Plakaten oder Tabakwerbung im Kino immer noch erlaubt sind. In anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union muss die Diskussion um Tabakwerbebeschränkungen längst nicht mehr geführt werden, weil Tabakwerbung bereits verboten ist. Deutschland verstößt mit der Aufrechterhaltung der Tabakwerbung gegen internationale Abkommen wie das WHO- Rahmenabkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC), das auch von der Europäischen Union ratifiziert wurde.
An den Folgen des Rauchens sterben schätzungsweise 120.000 Menschen pro Jahr in Deutschland. Das ist ein untragbarer Zustand.
Bitte appellieren Sie an Volker Kauder und andere, der Tabaklobby einen Riegel vorzuschieben und zukünftig der Gesundheitsförderung Vorrang vor Lobbyinteressen einzuräumen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kirsten Kappert-Gonther
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