Liebe Freundinnen und Freunde,
heute ist der 9. November 2017. Heute vor 79 Jahren brannten Synagogen in Deutschland und jüdische Geschäfte wurden zerstört, von Nazis, von deutschen Bürgerinnen und Bürgern. Diese Novemberpogrome waren der Beginn der systematischen Entrechtung, Ermordung und Enteignung jüdischer Bürgerinnen und Bürger. Dass nun wieder Abgeordnete im Deutschen Bundestag sitzen, die diese Verbrechen relativieren und Ausgrenzung das Wort reden, die meinen, es sei genug erinnert, finde ich unerträglich.
Ich werde, wir Grünen werden, wo immer wir Abwertung, Ausgrenzung, Rassismus und Antisemitismus erkennen, dem mit aller Kraft entgegentreten. Ich werde immer mit Herz und Verstand für unsere offene Gesellschaft eintreten. Ich werde mich weiter, in Bremen und Berlin für eine Erinnerungskultur stark machen, die uns an unsere Verantwortung erinnert. Erinnern für die Zukunft. Es ist noch lange nicht vorbei. Die zivilisatorische Kruste ist nach wie vor dünn und rasch bricht sich Destruktivität und Menschenverachtung Bahn. Darum ist es so notwendig, dass heute – wie an jedem 9. November – in der Dechanatsstrasse vor der früheren Synagoge eine Gedenkstunde angehalten wird.
Während ich diesen Brief an euch schreibe, fahre ich gerade von Berlin nach Bremen, um an der Gedenkstunde teilnehmen zu können. Festredner wird heute Dani Goren sein. Darüber freue ich mich sehr. Bei meiner ersten Reise nach Israel, vor inzwischen elf Jahren, hat Dani unsere Gruppe durch Israel geführt, hat uns Jerusalem, den See Genezareth und Yad Vashem gezeigt. Er hat damals, als wir alle nach dem Besuch des Holocaustgedenkmuseums tief erschüttert waren, gesagt : „Ihr seid keine Nazis, ihr seid Deutsche.“ Das aber ist eine Verantwortung, der wir gerecht werden müssen, wieder und wieder. Ein Mahnmal, das an die massenhafte Beraubung von Jüdinnen und Juden und an die Verantwortung der Bevölkerung, des Staates und der Firmen, die enorm finanziell profitiert haben, erinnert, ist ein Baustein. Ein notwendiger Baustein unserer Erinnerungskultur in Bremen.
Ob wir Kinder, Enkel, Urenkel von Tätern – wie die meisten von uns – oder Nachkommen der Opfer sind, in uns allen ist der Faschismus, ist die Schoah, sind die Pogrome, sind die Wunden und die Destruktionen transgenerational noch wirksam. Wir haben die Aufgabe damit umzugehen. Wir haben die Aufgabe, Antisemitismus, auch latenten und versteckten, zu erkennen und überall klar entgegenzutreten.
Eure Kirsten
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