Bewerbungsrede zur Kandidatur als Bundestagsabgeordnete, 26.11.2016

Bewerbungsrede Wahlversammlung 26.11.16

Liebe Freundinnen und Freunde,

bei dieser Bundestagswahl kommt es auf uns Grüne an! Unsere Welt ist nicht mehr die, die sie gestern noch war. Vieles was uns schon selbstverständlich erschien, ist wieder in Gefahr. Darum sind wir Grüne jetzt so wichtig: wir stehen wie keine andere Partei für unsere offene Gesellschaft, für Umwelt- und Klimaschutz und für ein solidarisches Europa. Ich möchte gemeinsam mit euch für ein gutes grünes Wahlergebnis in Bremen und Bremerhaven kämpfen. Jetzt aber werbe ich erst mal um euer Vertrauen.

Als ich vor 35 Jahren zu einem Auslandsjahr in den USA war, sah ich im Fernsehen eine Frau, die sagte: If there is a future – it will be green.

Das war Petra Kelly und ihr Satz gilt heute vielleicht mehr denn je.

Wenn wir eine Zukunft haben, wird die grün sein – ich stelle mir diese grüne Zukunft ziemlich schön vor.

Bis dahin haben wir aber noch ein bisschen was zu tun.

 

Wir haben den Brexit erlebt, wir sehen wie in der Türkei die Rechtsstaatlichkeit täglich bröckelt. Vor zwei Wochen hat uns die US-Wahl schockiert. Wir gucken mit Sorge auf Frankreich und Österreich.

Es ist so: Nationalismus und rechte Kräfte bedrohen uns und bedrohen unsere freie Gesellschaft.

 

Wie geht es euch? Ich hätte mir vor ein paar Jahren noch nicht vorstellen können, dass wir auch in Deutschland mal wieder unsere demokratischen Grundwerte verteidigen müssen. Es ist nicht nur die AFD gegen die wir kämpfen, auch ein Seehofer sagt ganz schön gruselige Sachen.

Es ist so: Diese Bundestagswahl wird anders und sie wird kein Zuckerschlecken! Wir können nur gut abschneiden, wenn wir klar Haltung zeigen: für unsere freie Gesellschaft, für Klimaschutz und für Europa.

Das werden wir als Grüne nicht ganz alleine können – und das brauchen wir auch nicht. Es gibt viele Menschen in der Zivilgesellschaft, mit denen wir an einem Strang ziehen  – ich finde, wir sollten uns wieder mehr zusammentun. Die Czarny-Proteste und gerade jetzt auch die Frauenproteste  in der Türkei machen mir da Mut.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,
Wir leben in einer entscheidende Zeit – lasst sie uns gemeinsam zu einer grünen Zeit machen!

 

Wir spüren die Auswirkungen des Klimawandels hautnah. Es ist an uns, ob wir den Klimawandel aufhalten. Raus aus der Kohle und rein in 100% erneuerbare Energie.

Raus aus der Massentierhaltung – nicht nur wegen der Tierqual, sondern auch weil sie unser Klima kaputt macht. Und wir brauchen endlich eine zukunftsfähige Mobilität – mehr ÖPNV, mehr Fuß – und vor allem mehr Radverkehr.

Und ja, es ist richtig, wenn wir ab 2030 die Verbrennungsmotoren verbieten – und – auch wenn ich nun wahrlich keine Autofreundin bin, wenn sich dann die Elektromobilität durchsetzt – warum sollen diese Autos dann nicht  hier bei uns in Bremen gebaut werden?

 

Um all das zu erreichen, brauchen wir verbindliche Gesetze – wir brauchen ein  Klimaschutzgesetz!

 

Es ist ja kaum zu fassen, dass die Bundesregierung sich feiern lässt für die Ratifizierung des Klimaschutzabkommens von Paris und es nicht fertig gebracht hat in Marrakesch irgendwelche konkreten Vorschläge vorzulegen. Und Gabriel wirbt weiter für Kohlekraft.

 

Liebe Freundinnen und Freunde – so geht das nicht! Wenn wir echten Klimaschutz wollen, dann geht das nur mit uns Grünen!

 

Mit Nationalismus aber lässt sich gar nichts lösen. Wir brauchen Europa, ein solidarisches Europa, ein Europa das sich endlich auf eine gemeinsame Flüchtlingspolitik einigt, ein einiges Europa. Ein Europa der ökologischen Investitionen.

 

Wenn wir groß denken, dürfen wir dabei aber nicht den und die Einzelne aus dem Blick verlieren.

 

Gerade sozialpolitisch gibt es in Bremen und Bremerhaven viel zu tun.
Dabei setzen wir darauf dem Einzelnen in seiner Individualität zu ermöglichen dabei zu sein, mit zu gestalten. Alle dabei zu haben, das ist Teilhabe: radikale Gleichberechtigung.

Wer den Einzelnen sieht, will die Welt verändern!
Und es gibt noch viel zu tun.

 

Eben habe ich davon gesprochen, dass wir das was bedroht ist, verteidigen müssen. Wir leben aber noch nicht in einer idealen Welt. Wir wollen noch viel mehr erreichen!

Queere Lebensformen sind noch längst nicht wirklich gleich gestellt. Gleichberechtigung von Mann und Frau werden wir laut der Bertelsmanstudie in 170 Jahren erreicht haben. Damit können wir nicht zufrieden sein! Und wie sieht es mit Alleinerziehenden Müttern aus? Gar nicht gut. Sie und ihre Kinder gehören zu den Armen in unserem reichen Land. Feminismus ist kein Schnee von gestern.

Also verteidigen ja, aber auch schön Angriff nach vorn und weiter Tore schießen!

 

Ideen für eine solidarische Gesellschaft entstehen in den Kommunen und Ländern.  Die Rahmenbedingungen aber werden in Berlin gemacht. Ich will gern für euch ein Bindeglied zwischen Bremen und Berlin sein – hin und her. Lasst uns gemeinsam die Rahmenbedingungen gestalten hier in Bremen und in Berlin.

 

Diese Bedingungen bestimmen unseren Alltag. Als Ärztin und Psychotherapeutin behandele ich seit über 20 Jahren Menschen – ganz unterschiedliche Menschen, einige Wohlhabende und viele Arme. Weil Krankheit immer noch arm macht und Armut krank. Es ist eben nicht egal wer in diesem Land die Politik macht.

Darum wollen wir eine andere Regierung!

 

Vielleicht habt ihr auch gelesen was Martin Reichert kürzlich in der taz schrieb: „Die Grünen haben mit allem recht, nur kann man leider nicht aushalten, WIE sie das vortragen.“
OK – überprüfen wir unseren Sound. Wie finden wir eine überzeugende Sprache?

 

Ich meine, indem wir mit möglichst vielen Menschen in Bremen und Bremerhaven ins Gespräch kommen. Lasst uns wieder in Bewegung kommen. Lasst uns auf die Straße, in die Quartiere, auf die Märkte, in jeden Winkel unserer beiden Städte gehen, lasst uns mit dem Fahrrad oder meinetwegen auch der Straßenbahn kreuz und quer zu den Menschen fahren und mit ihnen sprechen, mit den Jungen, die grün leben, uns aber noch nicht wählen. Mir den Alten, die Angst vor Altersarmut und schlechter Pflege haben und mit den jungen Familien, die wollen dass ihre Kinder in einer gerechten Welt aufwachsen.  Lasst uns in die Betriebe und zu den Start-ups gehen, lasst uns mit Künstlerinnen und Pflegekräften sprechen. Das wird richtig Spaß machen – ich habe dazu große Lust! Und damit werden wir Erfolg haben.

Lasst uns erhobenen Hauptes, aber ohne erhobenen Zeigefinder in diesen Wahlkampf gehen.

 

Wir können wieder die Bewegung für mehr praktische Demokratie und mehr Umwelt- und Klimaschutz sein.

Denn es ist so wie Petra Kelly gesagt hat: If there is a future, it will be green!

Nun bitte ich um euer Vertrauen.

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