Kulturelle Bildung

Kulturelle Bildung ist wichtig für die (seelische) Entwicklung eines jeden Menschen.  Es ist sinnvoll und notwendig, kulturelle Erziehung zu fördern und kulturelle Bildung zum integralen Bestandteil der Schulausbildung zu machen und ganz im Sinne eines lebenslangen Lernens die Beschäftigung mit Kunst und Kultur in allen Altersgruppen zu fördern.

Am 21. Februar 2012 habe ich diese Positionen in der Debatte über die Große Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD zur kulturellen Bildung ausgeführt.

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen,

dass es sich bei der Beschäftigung mit kulturellen Inhalten, mit Kunst im Allgemeinen, mit Musik, mit bildender Kunst, mit Literatur nicht um freundlichen Schnick-Schnack handelt, mit dem sich Menschen mal befassen können, wenn sie das echte, wichtige Lernen hinter sich haben, das ist schon lange bekannt.  Die Auseinandersetzung mit Kunst ist Bildung, fördert das Sich-bilden der Persönlichkeit, die Fantasie durch die Eröffnung neuer innerer Welten, sie ermöglicht Menschen ihr Deutungs- und Urteilsvermögen auszubilden und nicht zuletzt fördert sie die Fähigkeit zu Toleranz.

Die moderne Hirnforschung belegt inzwischen, dass die Beschäftigung mit Kunst, ob theoretisch oder praktisch eine messbare positive Wirkung auf unser seelisches Wohlbefinden hat und Vorgänge im menschlichen Gehirn so günstig beeinflusst, dass Menschen mit den Anforderungen ihrer Lebenssituationen besser umgehen können und die seelische Widerstandsfähigkeit wächst. In Zeiten, wo etwa 30 % der Deutschen mindestens einmal in ihrem Leben eine behandlungsbedürftige seelische Krise erleben, eine bemerkenswerte Möglichkeit!

Gerade in der vergangenen Woche haben Forscher der Universität Erlangen erste Ergebnisse einer breit angelegten Studie zu den Wirkungen der Kunst auf unser Gehirn und unsere Seele vorgelegt.  Sie sehen ihre Hypothese bestätigt, dass die Beschäftigung mit Kunst eine Ressource für das Meistern von Übergangssituationen darstellt.

Das heißt: Jugendliche, die sich mit Kunst beschäftigt haben, kommen besser mit der Umstellung von Schule zu Ausbildung zurecht; Auszubildende und Studierende, denen im Rahmen ihrer Ausbildung auch die Beschäftigung mit Kunst angeboten wurde, kommen besser mit dem Sprung ins Erwerbsleben zurecht und, was ich besonderes spannend finde: Auch älteren Menschen gelingt die schwierige Umstellung von Erwerbsleben zum Ruhestand nach dem Besuch von Kunstkursen signifikant besser.  Selbst in der Altersgruppe um die 70 kann sich das Gehirn noch neu verdrahten.

Der Hirnforscher und Psychiater Manfred Spitzer betont schon länger die positiven Wirkungen von Musik auf das kindliche und jugendliche Gehirn, die Seele und die Lernfähigkeit. Dass es also sinnvoll und notwendig ist, kulturelle Erziehung zu fördern, kulturelle Bildung zum integralen Bestandteil der Schulausbildung zu machen und ganz im Sinne eines lebenslangen Lernens die Beschäftigung mit Kunst und Kultur in unseren beiden Städten in allen Altersgruppen zu fördern, ist völlig klar.

Umso erfreulicher ist die Vielzahl der kulturellen Bildungsinitiativen, die wir in Bremen haben.  Die Antwort auf die große Anfrage belegt eindrucksvoll, wie bunt diese Angebote sind, wie vielfältig auch deren Vernetzung.  Einige kulturelle Institutionen arbeiten verbindlich mit Bremer Schulen zusammen. Einer der Leuchttürme ist sicherlich die Zusammenarbeit der Kammerphilharmonie mit der Gesamtschule Ost. Überrascht und erfreut waren wir wohl alle über die Vielzahl von Verbindungen zwischen Kulturanbietern und Schulen, aber auch außerhalb der Schulen, die nicht institutionalisiert sind.  Das ist, so meine ich, meine Damen und Herren, etwas ganz bemerkenswert tolles, was da in Bremen passiert.

Bei allem freudigen Erstaunen bleibt die Frage, wie wir es politisch fördern können, unseren Kindern diesen wichtigen Aspekt menschlichen Lernens zuverlässig und verbindlich zur Verfügung zu stellen.

Wir Grünen stellen uns vor, dass alle Menschen in Bremen Zugang zu kulturellem Lernen bekommen. Weil es Spaß macht, weil es den Horizont erweitert, weil es das fördert, was wir unter Bildung verstehen: Den Prozess des Sich-bildens der Persönlichkeit, der Individualität.  Kulturelle Bildung ermöglicht einen lebensbegleitenden Lernprozess des Menschen, sie fördert die geistigen und lebenspraktischen Fähigkeiten und die seelischen und sozialen Kompetenzen.

Gerade der Umbau unserer Schulen zu Ganztagsschulen macht es notwendig, aber eben auch möglich, Schülerinnen und Schülern eine neue, moderne Art des Lernens anzubieten.  Wir wollen ja nicht das, was es bisher vormittags gibt, einfach auf den ganzen Tag ausdehnen.  Nein, wir wollen Kinder und Jugendliche, die Mathematik lernen und besser lernen, weil sie vorher noch geklettert und getobt und sich mit Musik beschäftigt haben, die einen Rhythmus verinnerlichen von abwechselnden Bildungsinhalten, zwischen Kunst und englischer Grammatik und die sich zu selbstbewussten, seelisch und geistig fähigen Menschen entwickeln dürfen.  Da werden unsere Schulen, die Schulcurricula und auch die kulturellen Einrichtungen gefragt sein.  Es wird zukünftig nicht mehr so sein, dass morgens Physik und Deutsch gelernt wird und nachmittags Basketball oder Geige.  Die Vielfalt des sich Bildens und des Ausbildens einer Persönlichkeit wird sich verzahnen müssen, die Schulen und die kulturellen Einrichtungen werden zusammenarbeiten müssen, die Musikschule, die Museen, die Theater – die ganze Vielzahl der kulturellen Initiativen in Bremen. Und das ist auch gut so!

Kulturelle Bildung ist eben nicht die Himbeertorte, die es mal geben kann, wenn das Schwarzbrot mit Käse gegessen ist. Die Beschäftigung mit Kunst ist eine entscheidende Grundlage für gutes Lernen, für seelische Gesundheit und für die Entwicklung fähiger Persönlichkeiten.

Vielen Dank!

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